
„Das ist eine historische Unterschrift in historischen Gemäuern – eine solche Mehrheit hat es im Kreistag noch nicht gegeben“, sagte Buss, der zugleich Sprecher der Mehrheitsgruppe ist. Das „Zukunftspapier“ umfasst unter anderem folgende Schwerpunkte: Erhalt und Modernisierung des Landkreises; Bürgerbeteiligung und -information; Konsolidierung des Haushaltes; Bildung (soll zentrales Thema werden); Jugendhilfe; Erhalt/Modernisierung des Krankenhauses; Hausarztversorgung; Sport undSportstätten (unter anderem Erhalt des Wittmunder Stadions); Mobilität (öffentlicher Nahverkehr muss besser werden); starker Wirtschaftskreis Wittmund; Extremismus (Initiativen gegen Rechtsextremismus); Regionales Raumordnungsprogramm; Klimaschutz; Kavernen (in Etzel soll es nicht mehr als 99 Kavernen geben); Naturschutz; Müllvermeidung; Geflüchtete; Organisation. Auch personelle Pflöcke schlägt die Gruppe ein: Stellvertretende Landräte sollen Heiko Willms (Esens), Egon Kunze (Holtriem) und Hans- Hermann Lohfeld (Friedeburg) – alle SPD – werden; Kreistagsvorsitzende Karin Emken (Esens), erster Stellvertreter Olaf Gierszewski (Friedeburg), beide SPD. Das Amt des zweiten stellvertretenden Kreistagsvorsitzenden wird der CDU überlassen, die Irmgard Willms (Blomberg) nominierte.
Ein kleiner, aber starker Landkreis“
Nach langer Zeit gibt es erstmals eine Kreistagsmehrheit ohne Beteiligung der CDU Erhalt und Modernisierung des Landkreises stehen an erster Stelle im „Zukunftspapier“.
VON MANFRED HOCHMANN
WITTMUND – An das Bild muss man sich erst gewöhnen. SPD, Grüne, Linke und BFB sitzen im Wittmunder Kreishaus einträchtig an einem Tisch. Neue Zeiten brechen an – im Kreistag, der sich am kommenden Donnerstag konstituiert, gibt es erstmals seit langer Zeit eine Mehrheit ohne die CDU. Stattdessen nimmt Rot-Grün- Plus das Heft des Handelns in die Hand – gestern wurde das „Zukunftspapier“ für die Wahlperiode 2016 bis 2021 unterzeichne. Ein Gruppenausschuss mit Heinz Buss, Heiko Willms (beide SPD), Martin Mammen (Grüne), Herbert Potzler (BFB) und Bernd Mayer (Linke) erarbeitete dieses Papier mit 19 Schwerpunktthemen. Über allem steht dabei der Erhalt des Landkreises Wittmund. „Wir wollen die Finanzen stärken, weiter Schulden abbauen und damit zeigen, dass ein kleiner Landkreis ein starker Landkreis ist“, sagte SPD-Mann Heiko Willms. Dialog mit Bürgern Seine Rolle als Teil der Kreistags-Mehrheit ist auch für Bernd Mayer (Linke) völlig neu. Für ihn ist der Punkt „Bürgerbeteiligung und -information“ besonders wichtig. „Wir wollen eine Verwaltung, die nicht nur verwaltet, sondern mit den Bürgern im Dialog ist“, sagte er. Zu bestimmten Themen könne er sich Bürgerbefragungen vorstellen, ebenso einen Bürgerhaushalt. Auch in der Jugendhilfe und der Integration sieht Mayer sein Aufgabenfeld. Nahverkehr verbessern Herbert Potzler (BFB) will sich vor allem der Bildungspolitik widmen. „Wir müssen sehen, dass wir die Schulen im Landkreis erhalten“, so Potzler; dies gelte auch für die Sportstätten. Die Schulen müssten sinnvoll ausgestattet werden; die Schulentwicklungsplanung für den Landkreis müsse vorangebracht werden. Den öffentlichen Nahverkehr wollen Martin Mammen und die Grünen im Landkreis voranbringen. Dieser werde den Bedürfnissen nicht gerecht. Mammen: „Das Land gibt jetzt mehr Geld für den ÖPNV, das müssen wir nutzen.“ Es dürfe nicht sein – so wie kürzlich – dass ein Busunternehmen seine Linie Esens-Westerholt-Norden stark einschränkt, ohne die Bürger zu informieren. „Wir brauchen einen Nahverkehrsplan“, sagte Mammen. Auch die Bahnanbindung soll wieder stärker in den Fokus rücken. Die Linie Esens- Sande etwa will die Gruppe aufgewertet sehen. „Wir brauchen eine umsteigefreie Verbindung bis nach Oldenburg/ Osnabrück/Bremen“, forderte Heiko Willms. Dies stärke auch den Tourismus in der Region. Die Zukunft des Krankenhauses in Wittmund ist für die Gruppe ebenfalls ein zentrales Thema. Heinz Buss: „Das Defizit liegt jetzt bei mehr als 800 000 Euro, es kann auch siebenstellig werden. Das müssen wir in den Griff kriegen.“ Gespräche mit Krankenhäusern aus dem Umfeld müssten schnellstens geführt werden, um Synergieeffekte zu erzielen. Thema Windkraft. Natürlich wird auch die Windkraft in den kommenden Jahren weiter eine Rolle in der politischen Diskussion spielen. Hier ziehen die Koalitionäre an einen Strang: Der Landkreis Wittmund hat hier seine Pflicht mehr als erfüllt. Dies will man auch im Regionalen Raumordnungsprogramm deutlich machen. „Ich rege außerdem Bürgerbefragungen dazu an, wie in der Samtgemeinde Esens“, ergänzte Martin Mammen. Zur Benennung der drei stellvertretenden Landräte nur aus SPD-Reihen erklärte Heiko Willms: „Es gibt einen Politikwechsel im Landkreis – das sollen die Repräsentanten nach außen vertreten.“ Gleichwohl wolle man mit der CDU konstruktiv zusammenarbeiten. Willms: „Ich hoffe nicht, dass es eine Frontal- Opposition geben wird.“ In einem Punkt waren sich die Fünf einig: Die neue Konstellation im Kreistag soll die Diskussionskultur wiederbeleben.